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von den Anfängen bis zur Gegenwart

von Hermann Hartmann, Chronist und Ortsheimatpfleger, aus dem Jahr 2010.

Die Anfänge

Zum ersten Mal lesen wir von Schützen in Haarbrück in dem Aufruf des Bischofs Theodor von Paderborn, das Hochstift gegen den Angriff der Holländer zu verteidigen. In den Jahren 1595 und 1597 fordert der Bischof alle Lehnsträger auf, schleunigst nach Delbrück bzw. Neuhaus zu eilen und die Abwehr zu organisieren. In dem dazugehörigen Conföderationsvertrag von 1590 „Wie man das Stift Paderborn vor stadischen und anderen Infällen vertheidigen möge“ ist die Anzahl der Reiter und Schützen festgelegt. Haarbrück bildete in Gruppe 12 mit 16 weiteren Dörfern 1 Fahne zu 300 Mann, das bedeutete für jedes Dorf ca. 15 Schützen. (Quelle: Chronik von Salzkotten).

Inwieweit diese Schützen damals organisiert waren und wann ein Schützenverein in Haarbrück daraus entstanden ist, kann bisher nicht belegt werden. Sobald dieses aber geschah, richteten sich die Vereine, die keinen eigenen Schützenbrief besaßen, nach den Statuten der Nachbarvereine, wie aus der Tradition hervorgeht.

Außerhalb der Kriegszeiten standen die Schützen den Gemeinden und Ämtern für Ordnungsaufgaben zur Verfügung. Das bestätigte sich im Jahre 1755, als die Haarbrücker Schützen zusammen mit den Hersteller und Würgasser Schützen in Beverungen einen Gefangenen aus dem zu Corvey gehörenden Jakobsberg bewachen sollten. Diese weigerten sich jedoch, weil sie sich nur dem bis in diese Zeit existierenden Amt Herstelle verpflichtet fühlten. Wie aus den Akten hervorgeht, scheinen sie ihren Standpunkt durchgesetzt zu haben.

Von einer anderen Warte aus sehen wir die Haarbrücker Schützen im Jahre 1783, als sie zusammen mit den Hersteller und Würgasser Schützen samt Musik in Prozession am Klustag zur Klus Eddessen zogen. Hier wird die vollzogene Annäherung an das Wort „Glaube“ sichtbar. Kirchengemeinde und politische Gemeinde bildeten eine Einheit. Gruppen und Gemeinschaften in der Gemeinde beteiligten sich an kirchlichen Auftritten wie Bischofsempfang, Prozessionen und anderen kirchlichen Feiern. Diese Tradition hat sich bis heute erhalten. (nach: Dr. Harald Kindl, Klus Eddessen)

Dieses öffentliche Auftreten der Schützen war allerdings der französischen Regierung zur Zeit Napoleons im Jahre 1810 ein Dorn im Auge, so dass sie ein Verbot der Schützenvereine und -bruderschaften erließ. Es wurde in ihnen eine Konkurrenz für die neu zu errichtende Nationalgarde gesehen. In der Auflösungsverfügung für die Schützenvereine im Amt Beverungen wird Haarbrück zwar nicht ausdrücklich erwähnt, aber das lässt sich damit erklären, dass der Verein kein nennenswertes Vermögen besaß.

Für andere Orte im Amt hieß es: Eingezogen werden Kapitalien der Vermögen in Land, Wiesen und Gärten. Erst bei erneuter Übernahme unseres Gebietes durch Preußen konnten die Schützenvereine sich ab 1819 neu organisieren. Haarbrück folgte im Jahre 1824 mit der Wiedergründung und der Feier eines Schützenfestes.

Zu dieser Wiedergründung musste die Freifrau von Zuydtwyck auf Kemperfeld als Grundherrin ausdrücklich ihre Einwilligung geben. Sie begnügte sich aber nicht nur mit der Bewilligung, sondern trug auch ihren Teil zum Gelingen des Festes bei. In der Chronik heißt es:

Im Jahre 1824 kam endlich der längst eingegangene Schützenhof durch die milde Unterstützung unserer Gutsherrin der Freifrau von Zuydtwyck wieder zustande. Diese, ihre Untergebenen mütterlich liebende Dame, schenkte der hiesigen Schützenkompagnie 1. eine Fahne, 2. eine silberne Auszeichnung für den jedesmaligen Schützenkönig, 3. Zwei Offiziersschärpen, 4. zwei Fässer Bier, welches sie jedes Jahr zu geben versprach. Das Schützenfest wurde auf folgende Art gefeiert: Am 2. Pfingsttage zog die Schützenkompagnie in Parade nach der Burg Herstelle, um die neue Fahne in Empfang zu nehmen. Dann ging der Zug zurück nach Haarbrück und wurde durch die Begleitung der Freifrau beehrt. Jetzt wurde auf einer Ebene vor dem Dorfe geschossen, während das junge Volk sich durch Tanzen belustigte. Am Abend und am folgenden Tage tanzten die Mitglieder des Schützenvereins im sogenannten Schützenhause.

Anmerkung: Die silberne Auszeichnung bildet heute noch den Kern der Königskette. Das Schützenhaus war oft das größte Bauernhaus im Dorf.

In der Folgezeit wurde wenig aufgeschrieben. Aus den wenigen Quellen seien hier folgende Notizen bis zur Jahrhundertwende erwähnt. Bis dahin gab es auch wohl noch keine Schützenkönigin:

1836: Bei einer Schützenfeier (wohl ein Schützenfest) war es zu Unruhe gekommen. Der Ortsvorsteher sollte nach der Aufforderung durch den kommandierenden Offizier die jugendlichen Unruhestifter zur Polizeibestrafung anzeigen. Dieses unterließ der jedoch, als sich in der Untersuchung herausstellte, dass sein eigener Sohn zu den Ruhestörern gehörte. Daraufhin zeigte der Schützenoffizier die betreffenden Jugendlichen selbst an und erreichte, dass der Anführer bestraft wurde.

1842: Wahrscheinlich fand in diesem Jahre ein Schützenfest statt, das kann man aus einer Bemerkung vom 05. Juni 1895 schließen. Da heißt es:

Die Statuten hiesiger Schützenkompagnie sind am 14. Juli 1842 von königlicher Regierung zu Minden bestätigt.

1847: Der Schützenvorstand stellt in einer Gemeinderatssitzung am 4. Januar den Anspruch auf den Pachtertrag von einer Wiese auf dem Tönnigsborn. Der Gemeinderat entspricht dieser Forderung mit der Einschränkung, bis eine Änderung seitens der Gemeinde notwendig würde. In dieser Sitzung wird auch erwähnt, dass jeder männliche Einwohner der Gemeinde, welcher das militärpflichtige Alter erreicht hat, an dem Schützenverein teilnehmen darf.

1860: „Den Schäfertanz von Haarbrück“ erwähnt in einer Rückschau der in Haarbrück geborene Rektor Josef Scheideler (1862 – 1950). Dieser war in den 1890er Jahren Lehrer in Großeneder und hatte wohl Kontakt zu dem Direktor Dr. Hüser des Warburger Gymnasiums. Denn der beschreibt in der Beilage zum Jahresbericht 1898 über das Gymnasium zu Warburg im Kapitel „Beiträge zur Volkskunde“ den „Schäfertanz von Haarbrück“. In den 1860er und 1870er Jahren wurde dieser sogenannte Schäfertanz beim Schützenfest aufgeführt. In diesem Rollenspiel mit Musikbegleitung erteilte der Schäfer dem Edelmann eine Lektion. Ähnliche Beispiele gibt es in der westfälischen Volkskunde und in der westfälischen Musikgeschichte. (Anmerkung: Vergleiche: Die Warte 1994, Nr. 86)

1880:

Am 26. Juni erkrankte unser hochwürdiger Herr Pastor Westermeyer sehr bedenklich, sodass alle Leute glaubten, er wäre gestorben. In drei Wochen war keine Messe und die Leute waren genötigt, in anderen Orten dem heiligen Messopfer beizuwohnen. Durch das plötzliche Erkranken des Herrn Pastors wurde auch das Schützenfest, dessen Feier schon fest beschlossen war, wieder aufgehoben. (Chronik von Haarbrück)

1881: Es ist anzunehmen, dass dieses beschlossene Schützenfest in diesem Jahre nachgeholt wurde. Es würde auch gut in den 5-Jahresrhythmus passen, der für diese Jahrzehnte üblich war.

1886: Aus der Rückrechnung der nächsten Notiz in den Akten der Beverunger Ordnungsbehörde wurde in diesem Jahr Schützenfest gefeiert.

1895:

Haarbrück, den 05. Juni 1895
An den Amtmann zu Beverungen
Die hiesige Gemeinde beabsichtigt am 30.6. und 1.7.95 (So und Mo) nach Peter und Paul Schützenfest zu feiern, es sind bereits 9 Jahre seitdem zuletzt hier Schützenfest gefeiert ist, es wird um polizeiliche Genehmigung gebeten. Nachtrag: Nachdem in der Nähe des Schützenzeltes kein geeigneter Platz zum Scheibenschießen vorhanden ist, wird beabsichtigt, am Tag vor dem Feste das Schießen zu veranstalten. Ich bemerke noch, dass der Herr Pastor mit der Feier einverstanden ist.
Der Vorsteher Hartmann
(zitiert aus der Akte 361, Polizeisachen, im Stadtarchiv Beverungen)

Man beachte: Der Vorsteher bittet im Namen der Gemeinde um Erlaubnis zum Feiern und der Herr Pastor musste auch gefragt werden.

Minden, den 24. Oktober 1895. Der Regierungspräsident fragt beim Amtmann in Beverungen an, wie viele Tanzlustbarkeiten im Laufe des Jahres in den Gemeinden des Amtes stattfinden und für wann die Polizeistunden festgesetzt sind. Der Amtmann schickt eine tabellarische Aufstellung zurück, in der für Haarbrück aufgeführt ist: „etwa alle 5 Jahre ein Schützenfest und sonst jährlich eine Tanzlustbarkeit. Das Fest endet in der Regel um 12 Uhr abends“.

1897: Die Beverunger Zeitung meldete am 4. Juni:

Hierselbst beschloss der Schützenverein in der letzten Versammlung, das diesjährige Schützenfest in diesem Monat in altherkömmlicher Weise zu feiern.

Anmerkung: Bei diesem Fest muss es zu Unstimmigkeiten gekommen sein, wie der folgende Bericht zeigt.

Haarbrück, den 23. November 1897: Der von der Gemeinde schon länger gehegte Wunsch, es möge dem früheren Vorsteher (derselbe wurde bekanntlich in diesem Sommer wegen des Schützenfestes von seinem Amt suspendiert) wieder sein Amt als Vorsteher übertragen werden, ist nun in Erfüllung gegangen, wie der Gemeinde heute durch Schellenschlag bekannt gegeben wurde.“ Ortsvorsteher war zu dieser Zeit noch bis zum Jahre 1922 der Bauer Johannes Hartmann (Bumanns).

 

Vor und zwischen den Kriegen

1901:

Haarbrück, den 1. Juli 1901
An das Amt Beverungen
Die hiesige Gemeinde beabsichtigt auf Sonntag, den 14. und Montag, den 15. Juli Schützenfest zu feiern und bittet der Schützenvorstand hierzu um polizeiliche Genehmigung. Es wird gebeten, am Sonntag bis 1 Uhr nachts und am Montag bis 2 Uhr festzusetzen mit Rücksicht darauf, das seit 4 Jahren das Fest hier nicht gefeiert worden ist. Samstag Nachmittag am 13. des Monats Soll um 5 Uhr Königschießen sein.
Der Vorsteher Hartmann

Die Rückantwort lautet: „Erlaubnis für den 14. und 15. Juli bis 12 Uhr abends.“

1904: In diesem Jahre wurde ein Schützenfest gefeiert, das geht aus der Bemerkung des folgenden Antrags hervor.

1908:

Haarbrück, den 7. Juni 1908
An den Herrn Amtmann Schlickau, Wohlgeboren zu Beverungen
Der hiesige Schützenvorstand hat heute beschlossen, am 29, und 30. Juni Schützenfest zu feiern, bitten um polizeiliche Genehmigung. Da in hiesiger Gemeinde das Fest zu feiern 4 Jahre verschoben ist, wollen die Leute nicht länger mehr Geduld haben. Die Feier soll in dem neuen Saale des Wirts Hartmann stattfinden. Ein Zelt mit Sitzplätzen soll vor dem Eingang noch eingerichtet werden.

Antwort vom 15. Juni 1908:

Die Genehmigung ist zu erteilen. Schlussstunde für den 1. und 2. Tage 12 Uhr abends. Wird nicht wie vereinbart Schluss gemacht, dann wird für die nächsten 6 Jahre ein Schützenfest nicht mehr genehmigt.

Haarbrück, den 21. Juni 1908.
Wir beabsichtigen am Sonntag, dem 28. des Monats, das Schießen vorzunehmen. Da seit 4 Jahren nicht gefeiert ist, sollen die Schützen bei dieser Gelegenheit etwas eingeübt werden und deshalb mit Trommel und Flöte um 4 Uhr ausgerückt werden, wobei, wie es gewünscht, ein Fässchen getrunken werden soll. Bitten hierzu um polizeiliche Genehmigung
Der Schützenvorstand Hartmann

Antwort vom 22.6.08:

Der Umzug der Schützen zwecks Königs-Schießen am Sonntag, den 28.6.08 von nachmittags 4 Uhr bis abends 8 Uhr wird hiermit genehmigt. Dagegen darf unter keinen Umständen ein Ausschank weder an Ort und Stelle des Schießens und der Übungen noch unterwegs stattfinden, widrigenfalls die Genehmigung für das Schützenfest zurückgezogen werden muss. Denn es soll nicht 3, sondern nur 2 Tage Schützenfest gefeiert werden. Ich erwarte, dass Sie dafür sorgen werden, daß meine vorstehende Anordnung genau befolgt wird. Schlickau (Die Zitate für 1908 stammen aus Akte 362, Beverunger Archiv)

Die Beverunger Zeitung meldet am 30. Juni 1908:

Das gestern und heute hier stattgefundene Schützenfest hatte sich eines regen Besuches zu erfreuen. Die Schützenkönigswürde errang der Maurermeister Johannes Mergenthal, welcher sich als Königin Frau Landwirt Johanna Kröger auserwählte. Das Fest verlief in der besten Weise.

1910:

Haarbrück, den 6. Mai 1910
An das Amt zu Beverungen
Der hiesige Schützenverein hat gestern beschlossen, am ersten Sonntag und Montag nach Pfingsten am 22. und 23. Mai Schützenfest in hiesiger Gemeinde zu feiern. Die Feier ist schon gleich nach Pfingsten SO früh eingerichtet, weil darauf gerechnet wird, dass hiesige Leute, welche in der Fremde arbeiten, des Streiks wegen zu Hause sind und darauf rechnen, dass wenn der Streik zu Ende geht, sie kein großes Versäumnis ihrer Arbeit haben.
Der Vorsteher Hartmann

Beverungen, den 7. Mai 1910
An den Gemeindevorsteher von Haarbrück
Schon jetzt bemerke ich, dass die Durchführung des Festes über 12 Uhr hinaus an keinem Tage stattfinden darf, es sei denn, dass der Herr Landrath eine Ausnahme eintreten lässt. Kreiß, Amtmann
(Die Angaben für 1910 sind der Akte 363, Beverunger Archiv, entnommen)

1912: Das in diesem Jahr anstehende Schützenfest wurde auf das nächste Jahr verschoben. Stattdessen wurde ein zweitägiges „Wasserfest“ gefeiert aus Freude darüber, dass endlich die neue Wasserleitung fertiggestellt war. Dieses wurde am zweiten Abend mit einem Feuerwerk abgeschlossen

1913: Für das Schützenfest des Jahres 1913 ist eine neue Fahne beschafft worden, sie kostete 500 Mark, die durch Spenden zusammenkamen. Wo die von Frau Zuydtwyck gestiftete Fahne verblieben ist, das ist nicht bekannt. Die neue Fahne, die im Jahre 1995 nach erheblichem Verschleiß erneuert wurde, trägt die Inschriften „Schützengesellschaft Haarbrück 1913“ und „Hl. Bartholomäus bitte für uns“.

In diesem Jahre gab es auch einen Wechsel in der Führung des Schützenvereins. Die Stelle des Schützenmajors wurde von Johannes Hanewinkel eingenommen. Er löste den lange amtierenden Vorsteher Joannes Hartmann ab. Der Leitspruch von Johannes Hanewinkel wurde ein geflügeltes Wort: „Haarbrück liegt auf der Höhe, Haarbrück ist auf der Höhe, Haarbrück soll auf der Höhe bleiben“.

Vor dem Schützenfest von 1914 sind noch zwei Königspaare namentlich bekannt, aber der Chronist kann sie keinem bestimmten Jahr zuordnen. Sie lauten: Josef Hartmann (Tonichens) mit Elisabeth Bobbert sowie Theodor Ebbrecht mit Johanna Pollmann (Bäckers).

1914:

An das Amt Beverungen!
Die Haarbrücker Schützengesellschaft beabsichtigt am 29. und 30. Juni ihr diesjähriges Schützenfest zu feiern. Das Königsschießen soll am 28. Juni stattfinden. Und bitten wir, Euer Wohlgeboren, uns die Genehmigung mindestens bis abends 12 Uhr an diesen Tagen zu erteilen.

Höxter, den 27.6.1914
Der Landrat
Ich bin damit einverstanden, dass die Polizeistunde bei dem Schützenfest in Haarbrück für die beiden Tage bis 1 Uhr ausgedehnt wird.

Zum Schützenfest von 1914 war in der Beverunger Zeitung am 2. Juli zu lesen:

Unser vom besten Wetter begünstigtes Schützenfest, das auch von Fremden sehr stark besucht war, nahm einen ganz vorzüglichen Verlauf. Die Würde des Schützenkönigs errang Herr Josef Scheideler, welcher sich als Königin Fräulein Therese Vößing erkor.

1921: Nach dem verlustreichen Kriege dachten die Menschen auch wieder ans Feiern. Die Chronik hält dazu fest: Am 29. Und 30. Juni, dem Feste der Apostelfürsten Petrus und Paulus wurde hier nach 7-jähriger Unterbrechung wieder das Schützenfest gefeiert, 1914 war das letzte Schützenfest. Am 30. Juni war um 1/2 9 Uhr Schützenhochamt, an dem sich fast sämtliche Schützen mit der feinen Schützenfahne, die das gestickte Bild des hl. Bartholomäus trägt, beteiligten. Die Königswürde errang mit 31 Ringen Johannes Pieper, der sich Fräulein Agnes Kleine zur Königin erkor.

1924:

Haarbrück, Kreis Höxter, den 23.5.1924
Die hiesige Schützengesellschaft beabsichtigt am 9. und 10. Juli des Jahres das 100-jährige Bestehen zu feiern. Anlässlich dieser Feier sind für beide Tage Umzüge vorgesehen, mit nachfolgender Tanzbelustigung. Uns Vorstehendes genehmigen zu wollen bittet gehorsamst der Schützenvorstand.
C. Pult; Heinr. Rust; Heinr. Hartmann

Aus der Schulchronik:

In diesem Jahre fand am Pfingstmontag und Pfingstdienstag die Feier des 100-jährigen Bestehens des hiesigen Schützenvereins unter großer Beteiligung der Einwohner und mehrerer auswärtiger Schützenvereine statt. Zum ersten Male wurde das Schützenfest in einem auf dem Zimmerplatz errichteten Planzelte gefeiert, während bisher im Hartmannschen Saale gefeiert wurde. Das Königspaar bildeten Bauer Heinrich Hartmann und Fräulein Maria Stromberg.

Anmerkung: Finanziell soll das Fest nicht positiv abgeschlossen worden sein.

1927: Über das Schützenfest des Jahres 1927 gibt es keine Aufzeichnungen. Als Königspaar fungierten Bernhard Hartmann (Fröhlekens) und Bertha Hartmann.

1934: 27. Mai, 4. Juni und 10. Juni: Zu diesem Schützenfest brachte die Beverunger Zeitung 4 Berichte, die hier zusammengefasst werden:

Als Auftakt zum Schützenfest nach mehrjähriger Pause hatte sich beim Königschießen eine größere Volksmenge eingefunden, um Zeuge des spannenden Kampfes zu sein, aus dem Herr. Johannes Dewenter als König hervorging, der sich Fräulein Gertrud Pollmann als Königin erkor. Die Wirtschaft zu diesem Fest wurde dem Gastwirt M. Hetzler aus Bühne übertragen.

20. Juni:

Nach siebenjähriger Pause wurde am letzten Sonntag und Montag unser Schützenfest gefeiert. Bei dem schönen Wetter hatten sich auch von außerhalb viele Gäste eingefunden. Die Musik wurde von der hiesigen Kapelle ausgeführt. Das Fest nahm einen schönen Verlauf.

1936: Beim Bericht in der Beverunger Zeitung am 15. Juni über das Schützenfest spürt man deutlich in der Wortwahl den Hauch „der neuen Zeit“. Der Text lautet:

Bei dem vor 14 Tagen stattgefundenen Königschießen errang Karl Pult die Königswürde, der sich zur Mitregentin Fr. Hilde Gründer nahm. Der Zapfenstreich am Samstagabend mit anschließendem gemütlichen Zusammensein war Auftakt zu diesem Fest, an dem sich die ganze Gemeinde in echter Volksgemeinschaft beteiligte.

Am Sonntag Nachmittag formierte sich der Festzug. Vor dem Einmarsch in die Festhalle sprach der Schützenoberst Bauer Hanewinkel zu den angetretenen Schützen. Er wünschte, dass sich auch beim diesjährigen Fest die wahre Volksgemeinschaft zeige, die in unserer Gemeinde immer gepflegt und gefördert wurde. Wie früher unsere Väter zur Verteidigung der heimatlichen Scholle angetreten sind, so treten wir heute an, Schulter an Schulter, zur Freude und zum Frohsinn. Dass unser Schützenverein in diesem Sinne weiter bestehen möge, wünschen wir allen. Nach einem Gedenken der im Weltkrieg gebliebenen Kameraden setzte sich der Zug unter Vorantritt unserer schneidig spielenden Kapelle in Bewegung. In der vom Festwirt. Scheideler neu erbauten geräumigen Halle war man unter der Regentschaft von Karl Pult und Fräulein Hilde Gründer bester Stimmung, die gehoben wurde durch die gute Tanzmusik unserer Kapelle und die aufmerksame Bedienung des Festwirtes.

1937: Im Brakeler Anzeiger erscheint am 7. Dezember ein Bericht, dessen Inhalt hier kurz zusammengefasst wird. Zu einer wichtigen Versammlung sind alle Schützenvereine des Bezirks nach Brakel geladen. Die „Führer“ sollen über die Umgestaltung in der Vereinsstruktur unterrichtet werden. Es soll eine Umstellung auf das Führerprinzip erfolgen, der Führer bestimmt seine Mitarbeiter. Es soll eine Loslösung von kirchlichen Bindungen erreicht werden, z. B. keine Teilnahme an Prozessionen. Der Verein muss dann entweder ein weltlicher Schützenverein (Schießverein) oder ein kirchlicher Verein sein, dann müssen aber alle bisherigen Symbole abgelegt werden.

1938: Deutlich wird die sich verstärkende Einflussnahme der „Partei“ in dem folgenden Bericht des Brakeler Anzeigers:

1938, 29. April: Das Ende der alten Uniformen. Schärpen, Säbel, Titel und von alledem bleibt nichts mehr im Deutschen Schützenverband. Die letzte Ausgabe „Der Deutsche Schütze“ enthält beachtliche Verordnungen des Deutschen Schützenführers SA-Obergruppenführer Jüttner, die in ihrer Fassung so klar und verständlich sind, dass mit einem Schlage der Streit um das Tragen der alten Schützenuniform und deren Abzeichen aus der Welt geschafft ist.

Es gibt neben dem neuen Schützenanzug nur noch eine Traditions-Schützenuniform, wenn diese nachweislich seit 75 Jahren ständig getragen wurde. Der in einigen Gegenden noch übliche Gehrock (Frack) fällt gänzlich weg. Alle anderen Uniformen können aufgetragen werden. Schützenuniformen, die der Uniform des alten oder neuen Heeres ähneln müssen allerdings sofort verschwinden. Ebenso sind verboten die Federbüsche, Feldbinden, Sterne, Epauletten, Schärpen, Achselstücke, Säbel usw.

Getragen werden dürfen nur noch die vom Deutschen Schützenverband vorgeschriebenen Rangabzeichen, ferner das Parteiabzeichen, die Sportabzeichen und Schießauszeichnungen sowie die gesetzlich zugelassenen Orden. Die bisher üblichen Schützenorden sind nicht mehr statthaft ausgenommen die Schützenkette. Auch müssen ab sofort die militärischen Rangbezeichnungen (wie Oberst, Major, usw.) verschwinden.

Es mag Schützen geben, die an ihrer reich dekorierten Uniform hängen. Wenn jedoch die neue Zeit das Alte durch Besseres ersetzt, dann soll man sich diesem Besseren nicht verschließen.

1939: Unbeeindruckt von diesen Vorschriften feierte der Schützenverein Haarbrück in diesem Jahre nach alter Tradition sein Schützenfest, das letzte vor dem Kriege. Die Beverunger Zeitung schreibt am 4. Juli:

Königschießen. Als Auftakt zu dem in Kürze stattfindenden Schützenfeste fand am Donnerstagnachmittag im Gaffelntale das Königschießen statt. Aus dem heißen Kampfe um diese Würde ging Schützenbruder Hannes Pollmann siegreich hervor, unter dessen Protektorat demnächst unser beliebtes Heimatfest steigen wird.

Am 21. Juli heißt es:

Nun ist unser Schützenfest, das am Sonntag und Montag in hergebrachter Weise gefeiert wurde, vorüber. Mit dem schnittigen Zapfenstreich am Samstag und dem Wecken am Sonntag nahm das Fest seinen Beginn. Mittags fand sich dann eine große Schar auswärtiger Gäste ein, und mancher heimattreue Haarbrücker hatte ebenfalls den Weg zur Heimat gefunden. Nach einer Ansprache des Obersten setzte sich dann der Festzug unter Vorantritt der heimischen Kapelle in Bewegung. In der Festscheune des Gastwirtes Scheideler entwickelte sich bald ein reges und frohes Treiben. Auch der Montag brachte einen glanzvollen Festverlauf. Als Schützenkönig fungierte Hannes Pollmann und als Mitregentin amtierte Fräulein Therese Hartmann.

 

1949: Neubeginn nach dem Kriege

Nach dem zweiten Weltkrieg wurde im Jahre 1949 die Tradition wieder aufgenommen. In der Schützenversammlung vom 31. Januar wurde das Schützenfest beschlossen, bei der Wahl wurden die Ämter von früheren Inhabern wieder besetzt. Als Oberst führte Johannes Hanewinkel den Vorstand an, ihm zur Seite standen die beiden Adjutanten Heinrich Hartmann und Johannes Hartmann, Hauptmann war August Hartmann.

Beim Königschießen errang Johannes Sander die Königswürde, er erwählte Therese Vössing zur Königin. Das Fest wurde in „Dachdeckers“ Scheune gefeiert. Auch die alle 2 bis 3 Jahre folgenden Feste wurden in einer Scheune der beiden Gastwirte gefeiert, das änderte sich, als nach dem Bau der Bürgerhalle im Jahre 1974 die Provisorien entfielen. Die Schützenbruderschaft war durch Eigenleistung auch hauptsächlich daran beteiligt, dass ein Anbau an die Halle erfolgte, wodurch die Kapazität um ein Viertel vergrößert wurde. In diesem Anbau befindet sich ein Luftgewehr-Schießstand, an dem der jeweilige König ermittelt wird.

Trotz aller Tradition ließ es sich nicht vermeiden, dass äußere Erscheinungen sich mit der Zeit veränderten. Ein paar Beispiele mögen das belegen. Johannes Boger war der letzte König im Frack. Der sogenannte Hofstaat wurde aufgewertet, als man die einheitlich gekleideten Hofdamen, die früher in den Kutschen mitfuhren, nun festlich gekleidet festen Herren zuordnete. Seitdem in vielen Orten mangels Pferden und Kutschen auch das Königspaar zu Fuß geht, kommt dieser Marsch des festlich gekleideten Königszuges besonders zur Geltung. Viele Besucher werden allein aus diesem Grund angelockt. Aufgewertet wurde der Umzug auch durch angepasste Kleidung bei den Schützen. Hinzu kommt die Teilnahme von Gastvereinen und Vereinen aus dem Ort mit Abordnung und Fahne.

Wie in den meisten Orten unserer Umgebung bekam der Schützenumzug am Sonntag auch in Haarbrück einen neuen Schwerpunkt. Nachdem im Jahre 1957 das Ehrenmal für die Gefallenen der beiden Weltkriege errichtet worden war, bot es sich an, dort anzuhalten und mit entsprechenden Worten und passender Musik einen Kranz zum Gedenken niederzulegen. An dieser Stelle schließt sich der Kreis dann wieder vom Schützen der Heimat wie zu den Anfängen bis hin zu dem Eintreten für das Vaterland wie im letzten Jahrhundert. Die Rolle der moralischen Instanz übernahm ursprünglich der Pfarrer, der nach einer entsprechenden Ansprache an der Kirche in den Umzug eingereiht wurde.

Natürlich trat auch dadurch ein Wandel ein, dass die Frauen viel mehr als früher am Fest teilnehmen. In Haarbrück kommt das besonders am Montagmorgen beim Frühschoppen bzw. Kaffeetrinken zum Ausdruck, bei dem die Frauen von der Stimmung her den Ton angeben. Das dem Frühschoppen vorangehende Schützenhochamt entspricht von alters her der Tradition. Allerdings gilt auch das nicht mehr, denn wie andernorts ist man in Haarbrück dazu übergegangen, die Schützenmesse am Samstagabend zu feiern. Immer mehr hat sich in unserer Region auch der Brauch verbreitet, dass die Kinder durch ein eigenes Königspaar beim Fest vertreten werden. Vorläufer dafür war lange Zeit die sogenannte Kinderbelustigung am Montagnachmittag, die häufig durch das Schulpersonal geleitet wurde. Nach dem Wegfall der meisten Schulen in den Dörfern trat hier eine Lücke ein. Diese versuchten die Verantwortlichen durch ein Kinderschützenfest am Montagnachmittag zu schließen. Dabei handelt es sich um eine Kopie der Feier für die Erwachsenen. Der Kinderkönig wurde lange Zeit durch Dosenwerfen ermittelt. Neuerdings wird dafür das Medium Computer genutzt. Dieses Kinderschützenfest wird in Haarbrück variabel gehandhabt, es hat auch schon sonntags parallel zum Schützenumzug stattgefunden. Seit dem Jahre 1974, dem ersten Fest in der neuen Bürgerhalle, gibt es dieses sogenannte Kinderschützenfest. Inzwischen trägt auch das Kinderschützenkönigspaar eine Königskette bzw. eine Königinnenkette. Eine solche wurde für den König im Jahre 2004 und für die Königin im Jahre 2007 gekauft. In der Schützenmesse am Samstagabend des Festes wurden diese jeweils feierlich gesegnet und überreicht.

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